05.03.2024
Take-Home-Message: Das besondere an Phrasenkomposita ist, dass sie Anführungskomposita sind.
Die Zitathypothese von Wiese (1996) ist also korrekt: Der phrasale Bestandteil in einem Phrasenkompositum ist ein Zitat.
Daniel Gutzmann & Katharina Turgay. 2024. Phrasal compounds are quotational compounds. In: Himmelreich, Anke & Hole, Daniel & Mursell, Johannes (Hgg.): To the left, to the right, and much in between: A Festschrift for Katharina Hartmann. Frankfurt: Goethe University Frankfurt, 319–331. https://doi.org/10.17605/OSF.IO/3FX4M
Take-Home-Message: Das besondere an Phrasenkomposita ist, dass sie Anführungskomposita sind.
Die Zitathypothese von Wiese (1996) ist also korrekt: Der phrasale Bestandteil in einem Phrasenkompositum ist ein Zitat.
Daniel Gutzmann & Katharina Turgay. 2024. Phrasal compounds are quotational compounds. In: Himmelreich, Anke & Hole, Daniel & Mursell, Johannes (Hgg.): To the left, to the right, and much in between: A Festschrift for Katharina Hartmann. Frankfurt: Goethe University Frankfurt, 319–331. https://doi.org/10.17605/OSF.IO/3FX4M
Warum sprechen wir von einer „Darf-man-das-Diskussion“, „40-Stunden-Woche“ oder einer „Jetzt-erst-recht-Mentalität“? Solche Konstruktionen, in denen ganze Phrasen zu einem Bestandteil verschmelzen, sind besonders im Deutschen verbreitet und stellen gängige Annahmen über den Aufbau von Sprache und über die Bildung von Wörtern infrage. Eine These, die von Wiese (1996) aufgestellt wurde, besagt, dass der phrasale Teil eines solchen Kompositums als „Zitat“ funktioniert und daher anders als gewöhnliche Wortteile behandelt wird. Diese Idee ist jedoch umstritten, da frühere Ansätze das Konzept des Zitierens zu simpel darstellen. Mit einer modernen Zitattheorie, die auf Recanati (2001) basiert, greift der Artikel diese Hypothese auf und entwickelt sie weiter. Als Zitat lässt sich der phrasale Bestandteil eines Phrasenkompositums verstehen, wodurch er sich von der regulären Wortstruktur abhebt. Diese Sichtweise hilft, typische Besonderheiten dieser Komposita zu erklären: Sie verzichten oft auf Verbindungselemente oder erlauben es, anaphorisch – also durch Verweise im Text – auf die Phrase zurückzugreifen, was bei regulären Komposita nicht möglich ist.
Im Mittelpunkt der Forschungsergebnisse steht das Resultat, dass diese erweiterte Zitatanalyse nicht nur die strukturellen Eigenheiten der Phrasenkomposita verständlich macht, sondern auch bestimmte Bedeutungsverschiebungen erklärt, die bisher nicht ohne weiteres erklärbar waren. Damit ergibt sich ein neuer Blick auf die „That’s all quotations“-These: Ein Phrasenkompositum enthält letztlich immer eine Art Zitat – ein Ansatz, der die Grammatiktheorie auf wertvolle Weise erweitert.